BRAO § 46 II-IV

Fachliche Unabhängigkeit eines Syndikusrechtsanwalts

BGH, Beschluss vom 01.08.2017 - AnwZ (Brfg) 14/17

Fundstelle: NJW 2017, S. 2835 ff.

 

Regelungen, die keine Weisungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses sind und an die auch der Arbeitgeber gebunden ist, berühren die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts, unabhängig von Dichte und Detailliertheit dieser Regelungen, nicht.

 

Leitsatz der Redation der NJW

 

BRAO § 49 b I 1; RVG §§ 4 I, 34; BGB § 612 II

Zulässigkeit der kostenlosen anwaltlichen Erstberatung

BGH, Urteil vom 03.07.2017 - AnwZ (Brfg) 42/16

Fundstelle: NJW 2017, S. 2554 ff.

Der Rechtsanwalt darf kostenlose Erstberatungen für Personen anbieten, die einen Verkehrsunfall erlitten haben.

 

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 164, 168 II; BVerfGG §§ 92, 93 a II; GG Art. 12 I

Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH

BVerfG, Beschluss vom 13.06.2017 - 1 BvR 1370/16

Fundstelle: NJW 2017, S. 2670 f.

Dem BGH als Wahlprüfungsgericht ist es mit Rücksicht auf den ausschließlich dem Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem BGH zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum grundsätzlich nicht möglich, eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen und einen besser geeigneten Bewerber zu bestimmen. Er kann nur überprüfen, ob die Auswahl des betreffenden Bewerbers nach rechtsfehlerfreier Beurteilung und unter Einhaltung der Auswahlkriterien vertretbar erscheint.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

RVG § 3a; BGB §§ 305c Abs. 1, 307 Abs. 1 S. 2

Vereinbarung eines Mindesthonorars durch allgemeine Geschäftsbedingungen

OLG München, Urteil vom 30.11.2016 - 15 U 1298/16 Rae

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 372 f.

 

 

 

 

Die Vereinbarung eines Mindesthonorars in Höhe des Zweifachen der gesetzlichen Gebühren durch allgemeine Geschäftsbedingungen ist zulässig. Sie stellt keine überraschende Klausel i.S.d. § 307c Abs. 1 BGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Vergütungsvereinbarung zuerst ein Zeithonorar regelt und im Anschluss daran, aber noch unter der gleichen Gliederungsnummer, das Mindesthonorar.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

ZPO §§ 91, 103, 104; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 2, Nrn. 3200, 3201

Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren

OLG Koblenz, Beschuss vom 21.03.2017 - 14 W 118/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 426 ff.

 

1.    Die Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr in Berufungsverfahren setzt einen auf die Vertretung gerichteten Auftrag und eine Tätigkeit im Berufungsverfahren voraus. Dies wird nicht durch die Bitte an den Gegner in Frage gestellt, sich noch nicht zu bestellen.

 

2.    Die 1,6 Verfahrensgebühr ist - unabhängig von der Frage ihres Anfalls - nur dann zu erstatten, wenn die Antragstellung im Berufungsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich war. Dies ist vor Antragstellung und Berufungsbegründung durch den Berufungsführer regelmäßig nicht der Fall.

 

Leitsatz des Gerichts

 

 

FamGKG §§ 42 Abs. 1, 59; EstG § 10a Nr. 1

Verfahrenswert bei Zustimmung zum begrenzten Realsplitting nach § 10a Nr. 1 EStG

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.05.2017 - 2 WF 85/17

Fundstelle: AGS 2017, S. 470 f.
 

1.    In einem Verfahren um die Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Geltendmachung des begrenzten Realsplittings nach § 10a Nr. 1 EStG ist der Verfahrenswert nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der Abgabe der Zustimmung festzusetzen. Das Interesse bemisst sich bei ökonomischer Betrachtung nach der erwarteten Steuerersparnis des Antragstellers abzüglich der dem anderen Ehegatten auszugleichenden Nachteile.

2.    Verfahrenskostenhilfe kann auch für eine Verfahrenswertbeschwerde bewilligt werden.


Leitsatz des Schriftleitung der AGS

 

RVG VV Nrn. 2501, 2503; BerHG § 2 Abs. 1

Anfall der Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe; Erforderlichkeit der Vertretung

OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2017 - 17 W 201/16

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 341 ff.

 

1.    Dient die durch den Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt erfolgte Akteneinsicht der Information zur Vorbereitung einer Vertretung des Rechtsuchenden nach außen hin, so ist das Mandat von vornherein auf das Betreiben eines Geschäfts i.S.d. Gebührentatbestandes der Nr. 2503 VV RVG ausgerichtet. Schon diese Akteneinsicht löst dann die Geschäftsgebühr aus.

 

2.    Lässt der dem Rechtsuchenden erteilte Berechtigungsschein keine Beschränkung der Beratungshilfe auf eine Beratung erkennen, umfasst das dem Rechtsanwalt auf der Grundlage des Berechtigungsscheins erteilte Mandat, in dessen Kontext die Akteneinsicht beantragt wurde, auch die Vertretung des Berechtigten ohne Beschränkung auf eine Beratung.

 

Leitsatz des Verfassers des RVGreports

 

RVG VV Nr. 7000 Nr. 1a); RVG § 46 Abs. 1; BORA § 5; BRAO § 43a Abs. 6

Dokumentenpauschale für Ausdruck einer überlassenen Akten-CD für Rechtsanwalt und Mandanten erforderlich

OLG Nürnberg, Beschluss von 30.05.2017 - 2 Ws 98/17

Fundstelle: RVGreport 2017, S. 388 ff.

 

1.    Der Ausdruck einer in digitalisierter Form (hier auf mehreren CD-ROM) gespeicherten Gerichtsakte in Strafsachen fällt unter den Wortlaut des Auslagentatbestandes der Nr. 7000 Nr. 1a) VV RVG.

 

2.    Der Ausdruck der Gerichtsakte für den Rechtsanwalt ist in einem solchen Fall zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten, wenn dem Rechtsanwalt kein Laptop zur Verfügung steht und somit kein Zugriff auf den Akteninhalt während der Hauptverhandlung möglich ist.4

 

3.    Derzeit besteht für den Rechtsanwalt noch keine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung einer elektronischen Akte in Strafsachen und zur Anschaffung einer entsprechenden technischen Ausstattung.

 

4.    Dies gilt im Grundsatz auch für die für den Mandanten gefertigten Ausdrucke, unabhängig davon, ob für den in einer Justizvollzugsanstalt einsitzenden Mandanten die Möglichkeiten vorhanden sind, digitalisierte Akten auf dem Bildschirm zu lesen.

 

5.    Der Grundsatz der kostenschonenden Prozessführung kann es allerdings gebieten, durch entsprechende Einstellungen beim Ausdruck, die Anzahl der Seiten zu verringern, etwa durch Ausdruck zweier Originalseiten auf eine einzige Seite.

 

6.    Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Auffassung, dass bei Überlassung von auf digitalen Datenträgern gespeicherten Akten der Ausdruck generell nicht mit der Dokumentenpauschale vergütet werden kann.

 

Leitsätze des Verfassers des RVGreports

RVG VV Nrn. 1000, 1003; ZPO § 269

Einigungsgebühr bei Klagerücknahme

AG Frankfurt, Urteil vom 16.05.2017 - 29 C 442/17 (40)

Fundstelle: AGS 2017, S. 448
 

Einigen sich die Parteien dahingehend, dass der Kläger die Klage zurücknehme und der Beklagte daraufhin verzichtet, einen Kostenantrag zu stellen, und darüber hinaus erklärt, die der Klägerseite entstandenen Kosten zu übernehmen, löst dies eine Einigungsgebühr aus.

 

Leitsatz der Schriftleitung der AGS

 


 

BRAO §§ 73 II Nr. 1 u. 4, 112 c I 1, 120 a; VwGO § 43 

Präventive gerichtliche Überprüfung einer Werbemaßnahme

BGH, Urteil vom 03.07.2017 - AnwZ (Brfg) 45/15

Fundstelle: NJW 2017, S. 2556 ff

1.    Zur Abgrenzung einer einfachen Belehrung beziehungsweise eines präventiven Hinweises von einem belehrenden Hinweis beziehungsweise einer missbilligenden Belehrung durch die Rechtsanwaltskammer (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile BGHZ 194, 79 = NJW 2012, 3102 Rn. 12; NJW 2015, 72 Rn. 7 f.; NJW-RR 2016, 1146 Rn. 10; NJW 2017, 407 Rn. 10, 12).

 

2.    Hat die Rechtsanwaltskammer in Bezug auf ein von einem Rechtsanwalt beabsichtigtes Verhalten eine einfache Belehrung beziehungsweise einen präventiven Hinweis erteilt und damit keinen Verwaltungsakt erlassen, ist eine auf die Feststellung der Rechtmäßigkeit des beabsichtigten Verhaltens gerichtete (vorbeugende) Feststellungsklage des Rechtsanwalts grundsätzlich nur dann zulässig, wenn ein spezielles, besonders schützenswertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Interesse besteht und die Verweisung des Rechtsanwalts auf den nachträglichen Rechtsschutz für ihn mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Fortführung von Senat, Beschluss vom 24.2.2016 – AnwZ [Brfg] 62/15, BeckRS 2016, 05140 Rn. 7 mwN; NJW-RR 2016, 1459 Rn. 13).

 

Leitsatz des Gerichts

 

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