ZPO § 91; RVG §§ 15 I, 16 Nrn. 13 und 15, 19 I 1 und 2

Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten

BAG, Beschl. v. 14.11.2007 – 9 AZB 36/07 (LAG Hamburg)
Fundstelle: NJW 2008, S. 1340  f.

1.

Leitet der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte einer Partei neben der Rechtsmitteleinlegung auch ein Schreiben des Vorsitzenden der Berufungskammer an seine Partei weiter, wonach die Berufung unzulässig ist, weil sie nicht durch einen bei dem LAG postulationsfähigen Vertreter eingelegt ist, so entsteht durch die Weiterleitung dieses Schreibens keine gesonderte Anwaltsgebühr. Es handelt sich vielmehr um eine Neben- und Abwicklungstätigkeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit in der ersten Instanz.

2.
Jede Prozesspartei ist aus dem Prozessrechtsverhältnis verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer rechtlichen Belange vereinbaren lässt.

3.
Danach ist der Berufungsbeklagte zwar im Normalfall berechtigt, einen Prozessbevollmächtigten bereits dann einzuschalten, wenn die Berufung eingelegt ist. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn er durch ein Schreiben des Vorsitzenden der Berufungskammer des LAG da-
rüber unterrichtet ist, dass die eingelegte Berufung mangels ordnungsgemäßer Vertretung im Berufungsverfahren unzulässig ist.

Orientierungssatz der Richterinnen und Richter des BAG

Die Ausnahmeregelung nach Anlage 1 zum RVG Vorb. 4 III 2 setzt das Erscheinen des Rechtsanwalts zum anberaumten Termin voraus, das heißt seine körperliche Anwesenheit als Verteidiger im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an der Hauptverhandlung. Dass er auf dem Wege zum Gericht war, genügt nicht.1 Leitsatz der Redaktion der NJW

RVG Anlage 1 Vorb. 4 III

Keine Terminsgebühr bei abgebrochener Anreise

OLG München, Beschl. v. 13.11.2007 – 1 Ws 986/07
Fundstelle: NJW 2008, S. 1607

Die Ausnahmeregelung nach Anlage 1 zum RVG Vorb. 4 III 2 setzt das Erscheinen des Rechtsanwalts zum anberaumten Termin voraus, das heißt seine körperliche Anwesenheit als Verteidiger im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an der Hauptverhandlung. Dass er auf dem Wege zum Gericht war, genügt nicht.1

Leitsatz der Redaktion der NJW

Pflicht zum Hinweis auf Mandatsbeziehungen zum Gegner der Partei

Hinweispflicht aus dem Anwaltsvertrag

BGH, Urteil vom 08.11.2007 – IX ZR 5/06 = BeckRS 2008, 02280
Fundstelle: NJW-Spezial 2008, S. 159

Wird eine Kanzlei häufig von dem Gegner der Partei, die ihr ein neues Mandat anträgt, beauftragt, so muss sie auch dann auf diesen Umstand hinweisen, wenn ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit den vom Gegner erteilten Mandaten nicht besteht.

Leitsatz des Gerichts

 

 

 

Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Fortführung von BGH Urt. v. 18.01.2005 – VI ZR 73/04).Leitsatz des Gerichts  

BGB § 249; RVG VV Nr. 2300

Berechnung des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bei unberechtigter Zuvielforderung

BGH, Urt. v. 07.11.2007 –VII ZR 341/06
Fundstelle: AGS 2008, S. 107

Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Fortführung von BGH Urt. v. 18.01.2005 – VI ZR 73/04).

Leitsatz des Gerichts

 

RVG VV Vorbem. 4 Abs. 1; StPO § 68 b

Vergütung für Zeugenbeistand

OLG Hamm, Beschl. v. 07.11.2007 – 2 Ws 289/07
Fundstelle: AGS 2008, S. 124 ff.

Der für einen Zeugen als Zeugenbeistand tätige Rechtsanwalt rechnet seine Vergütung nach Teil 4 Abschnitt 1 VV ab. Das gilt auch für den beigeordneten Zeugenbeistand.

Leitsatz des Gerichts

BORA § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b); BRAO § 43; BGB § 138 Abs. 1

Angemessenheit eines anwaltlichen Grundgehalts

AGH NW, Beschl. v. 02.11.2007 – 2 ZU 7/07
noch nicht rechtskräftig
noch nicht veröffentlicht

Ein anwaltliches Grundgehalt von nicht über € 1.000,00 brutto monatlich ist sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und unangemessen im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b) BORA i. V. m.  § 43 BRAO.3

 

3 Leitsatz des Verfassers des KammerReports

Anmerkung:

RA X bot anwaltlichen Berufseinsteigern ein zweijähriges Traineeprogramm in seiner Kanzlei per Stellenanzeige an. Im Rahmen der Tätigkeit sollte der Trainee die Assistenz in einem anwaltlichen Dezernat übernehmen. Hierzu sollte er zunächst anstelle einer Rechtsanwaltsfachangestellten in die Dezernatsführung einbezogen werden und sich aus dieser Rolle heraus zunehmend selbstständig entwickeln um später die eigenständige Bearbeitung von Fällen zu übernehmen. Als Grundvergütung sollte ein Gehalt gezahlt werden, das „ein wenig über dem Referendargehalt“, also bei knapp € 1.000,00, lag.

Die Rechtsanwaltskammer Hamm hatte dem RA X einen belehrenden Hinweis erteilt, da sie dieses Angebot für berufsrechtswidrig gemäß §§ 43 BRAO, 26 BORA hielt. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der AGH NW mit der benannten Entscheidung zurückgewiesen.

In seinen Gründen geht der AGH davon aus, dass RA X in seiner Stellenanzeige nicht nur, wie von diesem behauptet, eine Ausbildungsstelle, sondern eine Anstellung als junger Rechtsanwalt unter den üblichen Bedingungen der Einarbeitung als Berufsanfänger anbiete. Das hierfür offerierte Gehalt von rund € 1.000,00 brutto monatlich sei sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und unangemessen im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1, S. 2 b) BORA i. V. m. § 43 BRAO. Dabei geht der AGH unter näherer Erläuterung von einem Richtmaß für das Einstiegsgehalt eines Rechtsanwalts ohne besondere Spezialisierung, ohne besondere Zusatzqualifikation, ohne Prädikatsexamen und bei Vollzeitstelle von mindestens € 2.300,00 brutto monatlich aus.

Der AGH hat die sofortige Beschwerde zum BGH zugelassen, die auch erhoben wurde.

 

GG Art. 12 I; BRAGO § 123; RVG § 49; ZPO § 121

Wertgebühren aus der Staatskasse

BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 31.10.2007 –
1 BvR 574/07
Fundstelle: NJW 2007, S. 1063 f.

1.
Es stellt eine übermäßige, durch keine Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigte Einschränkung der freien Berufsausübung dar, wenn der Staat für Aufgaben, deren ordentliche Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liegt, Staatsbürger beruflich in Anspruch nimmt, den derart Belasteten jedoch eine angemessene Entschädigung für ihre Inanspruchnahme vorenthält.

2.
Bei Prüfung der Angemessenheit der Vergütung für einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt ist davon auszugehen, dass der von § 123 BRAGO (jetzt:
§ 49 RVG) verfolgte Zweck der Schonung der öffentlichen Kassen grundsätzlich eine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls darstellt. Dieses Ziel rechtfertigt die reduzierten Vergütungssätze des § 123 BRAGO (§ 49 RVG) in Fällen, in denen die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgte, der gem. § 121 I, II ZPO seine Bereitschaft zur Übernahme der Vertretung der betreffenden Partei erklärt hatte. Es bleibt offen, ob dies auch für Fälle gilt, in denen sich kein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt findet und daher die Auswahl gem. § 121 V ZPO durch den Vorsitzenden erfolgt.

 Leitsatz der Redaktion der NJW

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